Heute haben wir fĂŒr euch jemand ganz Besonderes im Interview: Suzanna Randall đ
Sie will die erste deutsche Astronautin werden. Nach ihrem Studium der Astronomie in London, promovierte sie in Astrophysik an der UniversitĂ€t Montreal in Kanada. Bisher lebte und arbeitete sie auf drei verschiedenen Kontinenten. Zurzeit arbeitet sie als Forscherin bei der European Southern Observatory (ESO) in Garching bei MĂŒnchen und fĂŒr das ALMA Teleskop Projekt in Chile. Zudem moderiert sie auf dem ZDF YouTube-Kanal âTerraX Lesch & Coâ populĂ€rwissenschaftliche Themen, hat ihren eigenen Podcast âKosmos Musikâ bei BR Klassik und ist gefragte Speakerin.

Frau Randall, Sie haben sich bei der Initiative âDie Astronautinâ gegen mehrere Hundert Bewerberinnen durchgesetzt. Was war Ihre Motivation, an dem Programm teilzunehmen?
Suzanna Randall: Ich wollte schon immer Astronautin werden, das war ein absoluter Kindheitstraum von mir. Dass die Initiative bewusst ein Role Model kreieren möchte, machte die Bewerbung dann noch attraktiver fĂŒr mich. Mit unseren Taten, also dass wir, meine Kollegin Insa Thiele-Eich und ich, als erste deutsche Frauen ins Weltall fliegen, zeigen wir jungen MĂ€dchen und Frauen, dass es auch in den noch immer mĂ€nnerdominierten DomĂ€nen wie der Raumfahrt aber auch in anderen MINT-Bereichen möglich fĂŒr sie ist, erfolgreich zu sein â und symbolisch bis zum Höchsten vorzustoĂen, dem Weltall.
Wie sieht das Ausbildungsprogramm bisher aus? Welche Trainingseinheiten mĂŒssen Sie absolvieren?
Suzanna Randall: Das sogenannte Basistraining haben wir bereits abgeschlossen. Dazu gehören unter anderem ein Survival-Training in einer Höhle, bei dem wir uns fĂŒnf Tage lang unter der Erde abgeschnitten von der AuĂenwelt bei KĂ€lte und Dunkelheit organisieren mussten, der Erwerb eines Flugscheins, die Simulation einer Mondmission mit RaumanzĂŒgen unter Wasser, die Simulation eines Raketenstarts in einer Zentrifuge und das Erleben von Schwerelosigkeit anhand von ParabelflĂŒgen. Das ist fĂŒr mich ĂŒbrigens das beste GefĂŒhl ĂŒberhaupt: Schwerelos zu schweben. Jetzt steht das missionsspezifische Training an.
Sie sind Astrophysikerin und arbeiten an der EuropĂ€ischen SĂŒdsternwarte in MĂŒnchen. Haben Sie sich schon immer zu den Sternen hingezogen gefĂŒhlt?
Suzanna Randall: Ehrlicherweise kann ich nicht erklĂ€ren, woher das kam. In meiner Familie und in meinem Umfeld interessierte sich niemand fĂŒr Naturwissenschaft. Schon als kleines Kind fand ich den Mond und die Sterne faszinierend. Als ich etwas Ă€lter wurde, entdeckte ich Sally Ride, die Anfang der 1980er-Jahre die erste US-amerikanische Raumfahrerin wurde, fĂŒr mich. Ab diesem Zeitpunkt, ich war wohl sieben oder acht Jahre, war sie mein groĂes Vorbild. Mir war klar: Ich wollte Astronautin werden. SpĂ€ter habe ich dann Astrophysik studiert und beobachte nun das Weltall schonmal von der Erde aus.
Ist Ihnen im Alltag und wÀhrend des Ausbildungsprogramms bewusst, dass Sie als erste deutsche Astronautin Geschichte schreiben könnten?
Suzanna Randall: Im Vorfeld haben wir uns im Team viele Gedanken dazu gemacht, auch zu den Fragen, wie wir nach auĂen wirken und was wir transportieren wollen. Insofern ist uns die Tragweite des Projektes durchaus bewusst. Sollte es klappen â noch ist die Finanzierung nicht in trockenen TĂŒchern â, sind wir so etwas wie ein Leuchtturm. Wir wollen den Anspruch, Role Model zu sein, auch liefern können. NatĂŒrlich entsteht dadurch auch ein gewisser Druck. Aber meine Begeisterung fĂŒr Naturwissenschaft ist ja vorhanden, ich muss hier nichts vorspielen. Deshalb kann ich voller Ăberzeugung sagen: Schaut es euch an, es ist wirklich spannend. Wenn ich MĂ€dchen fĂŒr Naturwissenschaft begeistern kann, ist das super. Das positive Feedback von jungen Frauen zeigt mir: Die Anstrengung und die Energie, die wir in dieses Projekt investieren, lohnen sich.

Wurden und werden Sie als Astrophysikerin in der Ăffentlichkeit anders wahrgenommen als Ihre mĂ€nnlichen Kollegen?
Suzanna Randall: Innerhalb der Wissenschaftscommunity habe ich keine direkte Diskriminierung erfahren. Die Wahrnehmung in der Ăffentlichkeit ist jedoch deutlich anders. Eine Frau in der Astrophysik wird offenbar noch immer als exotisch eingeordnet. Beispielweise ist die Frage âWas sagt denn dein Freund dazu?â nicht selten. MĂ€nner werden diese Art von Fragen nicht gestellt. Was die Akzeptanz von Frauen in solchen DomĂ€nen angeht, ist gesellschaftlich noch ein weiter Weg zu gehen. Einen Beitrag hierzu leistet unser Projekt.
Haben Sie die Hoffnung, dass Ihr Einsatz zahlreiche junge Frauen und MÀdchen inspirieren und sie darin bestÀrken kann, einen naturwissenschaftlichen oder technischen Weg einzuschlagen?
Suzanna Randall: Ich denke, dass das bereits geschieht. Selbst wenn wir aus GrĂŒnden der Finanzierung letztlich nicht ins Weltall fliegen sollten, haben wir dennoch bereits viel erreicht. Wöchentlich erhalte ich RĂŒckmeldungen von MĂŒttern, deren Töchter von dem Projekt begeistert sind, oder von den MĂ€dchen selbst, die schreiben, wie sehr sie das Projekt beflĂŒgelt und in ihrem Interesse bestĂ€tigt. Diese Art von Feedback zu erhalten ist wunderbar. Ich sehe das als Privileg meiner Arbeit an.
Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, dass die MINT-FÀcher nicht nur von MÀnnern reprÀsentiert werden?
Suzanna Randall: In vielerlei Hinsicht besteht hier eine Wichtigkeit. So mĂŒssen etwa in bestimmten Studien, vor allem auch in medizinischen, weibliche Probanden BerĂŒcksichtigung finden, denn die Unterschiede zwischen MĂ€nner- und Frauenkörpern sind vorhanden. Ergebnisse, die aber nur auf mĂ€nnlichen Probanden beruhen, haben fĂŒr Frauen eine eingeschrĂ€nkte Aussagekraft. Das ist die eine Sache. Die andere Sache ist, dass diese Berufe mit gesellschaftlichem Ansehen einhergehen. Die sogenannten âMĂ€nnerberufeâ sind oft anerkannter und werden besser vergĂŒtet. DarĂŒber hinaus, denke ich, dass in den naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen zukĂŒnftig sehr viel passieren wird. Je frĂŒher sich junge Frauen hier positionieren, desto weniger besteht die Gefahr, den Anschluss auch langfristig zu verpassen bzw. diese Bereiche als mĂ€nnlich geprĂ€gte festzuschreiben. Und MĂ€nner zu bevorzugen ist ein âLuxusâ, den wir uns als Gesellschaft nicht leisten können: Denn letztlich geht es darum, die besten Menschen fĂŒr eine Position zu finden â egal welchen Geschlechts.