Seit über einem Jahr beschäftigt uns nun schon das Corona-Virus SARS-CoV-2. Das gewohnte Leben wurde verlangsamt, ein neuer Alltag ist eingetreten. Bislang fußten die einzigen wirksamen Maßnahmen auf der sogenannten AHA+L+A-Regel: Abstand – Hygiene – Alltagsmaske mit regelmäßigem Lüften und der Corona-Warn-App. Doch seit Ende letzten Jahres gibt es wieder etwas mehr Hoffnung zur Eindämmung: die Impfung. Welche Methoden es zurzeit gibt, worin sie sich unterscheiden und an was momentan geforscht wird, lest ihr in diesem Beitrag.

Der aktuelle Stand der Dinge
(Stand 19. Februar 2021)
Die Weltgesundheitsorganisation WHO verzeichnet 251 Impfstoffprojekte plus etwa elf weitere, die noch nicht verzeichnet sind. In Deutschland gibt es acht Hauptstandorte und etliche mitwirkende Standorte, die an der Entwicklung und Produktion von COVID-19-Impfstoffen arbeiten. International zählt Deutschland damit zu den Ländern mit besonders vielen Impfstoff-Projekten gegen das SARS-CoV-2-Virus.

197 Impfstoffe befinden sich aktuell weltweit in der „Design-Phase“: Was soll vom Virus enthalten sein und welche Zusatzstoffe sind notwendig? Sind diese Fragen geklärt, werden danach die Impfstoffe an Tieren auf Verträglichkeit und Wirksamkeit erprobt.
32 Vakzine befinden sich weltweit in Phase I: Hier wird mit bis zu 30 Freiwilligen und einer Placebo-Gruppe getestet. Zweitere erhält eine wirkstofffreie Scheinimpfung. Hier wird vor allem die Verträglichkeit am Menschen untersucht.
17 Impfstoffe sind in Phase II: Zwischen 50 und 500 Freiwillige werden geimpft. Es wird ein Vergleich von einmaliger und zweimaliger Impfung und auch wieder von einer Placebo-Impfung vorgenommen: Hier möchte man die richtige Dosierung, die Immunantwort des menschlichen Körpers und auch wieder die Verträglichkeit prüfen.
8 Impfstoffe sind in Phase III ohne „Rolling Review“. Wie in jeder Phase wird ein Placebo-Impfstoff zum Vergleich verabreicht. Auch hier wird die Verträglichkeit getestet.
Rolling Review bedeutet, dass es eine vorgezogene Prüfung eines Teils der Zulassungsunterlagen gibt: Während die Phase-III-Studie noch läuft, arbeitet die Europäische Arzneimittelagentur EMA parallel die Ergebnisse der Design-Phase sowie der Phase-I- und Phase-II-Studien durch. In dieser Phase arbeiten die Forscher mit 10.000-60.000 freiwilligen Probanden zusammen.
2 Vakzine sind in Phase III mit „Rolling Review“. Zusätzlich wird hier noch die Zuverlässigkeit des Impfstoffs getestet. Danach werden alle Unterlagen bei der EMA eingereicht und geprüft, bis es schließlich zur Zulassung kommen kann.
1 Impfstoff hat das Zulassungsverfahren bei der EMA bereits beantragt.
Es gibt in der EU mittlerweile drei zugelassene Impfstoffe.
Die verschiedenen Impfstoff-Typen
Der menschliche Körper soll eine passende Immunantwort gegen das Virus entwickeln, das ist das Ziel jeder Impfung. So kann er es erkennen und abwehren. Dazu muss der Körper aber wissen, wie das Virus aussieht. Beim Coronavirus sind die sogenannten Spike-Proteine an der Außenhülle ein gutes Merkmal. Der menschliche Körper muss also lernen, wie diese Spike-Proteine aussehen, um das Corona-Virus erkennen und abwehren zu können. Es werden zwei Impfungen in einem Abstand von etwa drei Wochen benötigt, damit der volle Immunschutz aufgebaut ist. In Deutschland wurden bisher mehr als 4,5 Mio. Impfdosen verabreicht. Für die sogenannte Herdenimmunität benötigen wir etwa 70 Prozent Geimpfte. Bis wir diesen Zustand erreichen, dauert es schätzungsweise 7-8 Monate.
Herdenimmunität: Je mehr Menschen geimpft sind, desto weniger können sich anstecken, da die Infektionsketten schnell wieder unterbrochen werden. Das hilft auch Menschen, die noch nicht geimpft sind oder sich aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung nicht impfen lassen können.
Es gilt aber weiterhin: Auch geimpfte Personen sollten sich an die AHA+L+A-Regeln halten. Ihr Krankheitsverlauf ist zwar mild, dennoch können sie sich mit dem Coronavirus anstecken und damit auch andere, ungeimpfte Menschen.
mRNA-basierter Impfstoff
Der Impfstoff basiert auf einem Boten, der namensgebenden messenger-RNA (mRNA) der Corona-Spike-Proteine, der deren Aufbau enthält – eine Art Kopie. Die mRNA wird von eine Fetthülle umgeben, welche beim Eindringen in die Zelle schützt und unterstützt. Nach dem Impfen gelangt die mRNA in die menschlichen Zellen. Durch die enthaltene Kopie des Bauplans kann der menschliche Körper im Zellplasma nun diese Spike-Proteine selbst herstellen, nicht aber das gesamte Virus. Das menschliche Immunsystem kennt diesen „Eindringling“ nicht und entwickelt eine Immunantwort. Und genau diese Antikörper schützen vor den echten Corona-Viren. Das Immunsystem macht die Viren dann unschädlich.

Diese Impfstoff-Art weist eine Wirksamkeit von etwa 95 Prozent auf, was ein sehr, sehr hoher Wert ist. Zum Vergleich: Die Grippeimpfstoffe haben eine Wirksamkeit von rund 59 bis 67 Prozent bei Erwachsenen und 59 bis 75 Prozent bei Kindern und Jugendlichen.
Einen Nachteil gibt es: Der Impfstoff muss aufwändig auf minus 70 Grad Celsius gekühlt werden.
Die beiden Firmen BioNTech/Pfizer und Moderna haben jetzt mRNA-Impfstoffe entwickelt, die bereits in der EU zugelassen sind.
Die mRNA-Methode wurde übrigens bereits vor 20 Jahren durch Zufall von dem jungen Biologen Ingmar Hoerr aus Tübingen entdeckt und entwickelt. Er ärgert sich zunächst über seinen „Fehler“, erkennt glücklicherweise aber doch das Potenzial des neuen Impfstoffkonzepts. Jahrelang lag die weitere Forschung hierzu brach – bis zur Corona-Pandemie.
Vektorviren-Impfstoff
Diese Methode ist bereits länger bekannt und wird zum Beispiel bei Ebola-Impfungen eingesetzt. Auch hier soll der Körper die Spike-Proteine erkennen und selbst herstellen. Das Transportmittel ist allerdings kein Botenstoff, sondern ein Virus. Dieses nennt man Vektor und er ist für den Menschen ungefährlich, da er sich nicht in menschlichen Zellen vermehren kann. Er kann aber leicht in menschliche Zellen eindringen, was hier hilfreich ist. Der entscheidende Unterschied ist, dass die DNA der Spike-Proteine und die DNA des Vektorvirus eingesetzt werden, also keine Kopie, sondern das Original des Bauplans. Die DNA der Spike-Proteine kann nicht direkt im Plasma ausgelesen und umgewandelt werden. Sie muss erst in den Zellkern eindringen, wo sie in mRNA übersetzt wird. Nachfolgend geschieht das Gleiche wie bei dem mRNA-Impfstoff auch.

Die Wirksamkeit beträgt hier 70 Prozent, was immer noch ein sehr hoher und guter Wert ist. Zuletzt geriet der Impfstoff in die Kritik, da die Wirksamkeit im Vergleich zum mRNA-Impfstoff geringer ausfällt. Außerdem wurde Menschen über 65 Jahre von der Impfung abgeraten, da die Wirkung noch nicht ausreichend geprüft sei. Führende Wissenschaftler sprechen sich aber deutlich für die breite Verimpfung dieses Stoffes aus. Er muss nicht so stark gekühlt werden und kann in normalen Arztpraxen geimpft werden.
AstraZeneca hat den für Europa zugelassenen Impfstoff entwickelt.
Weitere Methoden
Es gibt viele weitere Möglichkeiten, einen Impfstoff (gegen SARS-CoV-2) herzustellen. Diese hier alle zu erläutern, würde aber den Rahmen sprengen. Daher sind sie nur namentlich aufgeführt.
• Totimpfstoff mit gentechnisch hergestelltem Virusantigen
• Impfstoff mit inaktiviertem Virus
• DNA-basierter Impfstoff
• Totimpfstoff mit Virus-artigen Partikeln aus in Pflanzen hergestellten Antigenen und Adjuvans
• Subunit-Impfstoff
• RNA-basierter Impfstoff (mit selbstvermehrender RNA)
Die Corona-Mutationen
Bei den beiden bekannten Corona-Mutationen hat sich das Spike-Protein leicht verändert. Die Zellen können die Spike-Proteine jetzt nicht mehr so gut erkennen. Hier hat der mRNA-Impfstoff einen entscheidenden Vorteil: Er kann leichter hergestellt werden und lässt sich so schneller an die Mutationen anpassen. Dies befindet sich gerade in der Prüfung.